Auch wenn für die meisten Neugründungen in Deutschland zunächst einmal der deutsche oder der europäische Markt von Interesse ist und daher eine schlichte GmbH-Gründung der richtige Weg, gibt es durchaus auch für deutsche Startups gute Gründe, sich gleich am Anfang mit einer Gründung in den USA gedanklich zu befassen. Warum, zeigt das nachfolgende Beispiel.
Investoreneinstieg scheitert am Beurkundungserfordernis
Ein vielversprechendes Startup ist als deutsche GmbH gegründet worden, auch weil man den Markt zunächst in der Europäischen Union vermutete. Das Produkt, eine App, kann theoretisch weltweit eingesetzt werden, dennoch soll es zuerst im Heimatmarkt platziert werden.
Die ersten Markterfahrungen zeigen aber Erstaunliches: Während in Europa nur wenig Interesse an der App besteht, stößt sie in den USA große Begeisterung. Und nicht nur das – während deutsche Investoren dem Startup die kalte Schulter zeigen, gehen in den USA erstmal alle Türen auf statt zu. Die Geschäftsführer des Unternehmens reisen immer häufiger über den Atlantik, um sich dort mit Multiplikatoren und auch mit Investoren zu treffen. Der erste Investor steht schnell bereit – er will sofort in die Gesellschaft einsteigen, mit einer durchaus angenehmen Bewertung.
Doch dann bremst das deutsche Beurkundungsrecht.
Weil der Investor sein Vermögen in Form einer Gesellschaft nach dem Recht einer kanadischen Provinz organisiert hat, ist der Nachweis der Vertretungsberechtigung des Investors schwierig. Der Notar muss erst Erkundigungen einziehen, wie damit überhaupt umzugehen sein wird. Eine bloße Einsichtnahme des Notars in das Register genügt schon mal nicht. Zudem verlangen die Geldwäschevorschriften eine Aufschlüsselung der weiteren Eigentümer der Gesellschaft des Investors.
Als die Verhandlung schon ein Stück weit gediehen sind, wird dem Investor langsam klar, dass er für die Beteiligung entweder selbst nach Deutschland fliegen muss, um vor einem deutschen Notar zu erscheinen, oder in einem aufwändigen Verfahren bei einer deutschen Vertretung vorsprechen muss. An dieser Stelle beendet der Investor die Gespräche. Die Vorstellung, dass man ein Investment in eine Gesellschaft nur mithilfe eines überaus bürokratischen Verfahrens vor einem ausländischen Notar durchführen kann, ist dem Investor aus dem angelsächsischen Bereich völlig fremd.
Deutsches Gesellschaftsrecht bremst Wagniskapital
So wie es dem Startup in diesem (echten) Beispielsfall ergangen ist, ergeht es grundsätzlich jedem deutschen Startup, das sich auf die Suche nach US-amerikanischen oder kanadischen Investoren macht. Es gibt kein Wissen und erst recht kein Verständnis für die überaus komplizierten Regeln des deutschen Beurkundungs(un)wesens, und natürlich auch keine Bereitschaft, sich hierauf einzulassen. Umgekehrt gibt es für die Startups aber keine rechtlich tragfähige Möglichkeit, die Beurkundung zu umgehen.
Anders wäre es dann, wenn die Gesellschaft von Anfang an als Aktiengesellschaft eingerichtet worden wäre. Dies hätte aber einen Grundkapitalbedarf von 50.000 € erfordert. Zudem ist die Aktiengesellschaft komplex strukturiert und löst damit einen erhöhten Verwaltungsaufwand aus – das Letzte, was man als Anwalt einem jungen Startup empfiehlt.
Vor diesem Hintergrund ist es durchaus für manche Startups überlegenswert, ihre Gesellschaft gleich als US-Gesellschaft zu gründen. Typischerweise wird dazu eine „Inc.“ (Incorporated) nach dem Recht des US-Bundesstaates Delaware gewählt.
US-Gründung nur für Wagemutige – und niemals ohne Beratung
Man sollte sich indes darüber völlig im Klaren sein, dass die Einrichtung einer Gesellschaft in den USA kein bürokratischer Spaziergang ist. Ganz im Gegenteil ist die erstmalige Einrichtung der Gesellschaft, wenn man die erforderliche Steueranmeldung bei der US-Steuerbehörde IRS mitbedenkt, sogar sehr viel aufwendiger und nervenzehrender als die vergleichbaren Vorgänge in Deutschland. Auch ist es selbstverständlich grundsätzlich immer problematisch, eine Gesellschaft in einer ausländischen Rechtsordnung zu unterhalten – der Aufwand für die rechtliche und steuerliche Betreuung steigt erheblich an.
Wenn aber von vorneherein feststeht, dass das Geschäftsfeld und/oder Investoren eher in Nordamerika als in Europa zu finden sein werden, können die Vorteile die Nachteile auf jeden Fall wettmachen.
Die Gründung einer US-Gesellschaft (meistens einer „Inc.“ = „Incorporated Company“, entspricht ganz grob der deutschen Aktiengesellschaft) an sich ist relativ einfach. Allerdings übersehen viele Gründer, dass es mit der Gesellschaftsgründung noch lange nicht getan ist. Es sind vor allem drei Themen, die US-Gründer berücksichtigen müssen:
- Aufenthaltsberechtigung der Unternehmensorgane. Wer sich nicht nur zum Urlaub, sondern geschäftlich in den USA aufhalten will, benötigt eine Aufenthaltserlaubnis.
- Steuernummer: Um in den USA Geschäfte tätigen zu können, benötigt die US-Gesellschaft eine Steuernummer des Bundesfinanzamtes IRS (die sog. „FEIN“). Dieser Prozess kann viele Monate dauern. KEYTERSBERG bietet als besondere Dienstleistung die Antragstellung durch einen US-Anwalt an. Das spart bis zu sechs Monate Zeit.
- Bankkonto: Zwingend erforderlich ist auch ein Bankkonto in den USA für die Gesellschaft. Für dessen Eröffnung ist aber nicht nur die Steuernummer erforderlich, sondern auch die persönliche Anwesenheit der Vertretungsberechtigten.
- Vertragswesen: Abgesehen von Lousiana beruhen die Rechtssysteme der US-Bundesstaaten auf dem englischen Common Law. Dieses System funktioniert grundlegend anders als es deutsche Gründer gewohnt sind. Der wichtigste Unterschied: Verträge müssen viel, viel detailreicher ausformuliert werden als nach deutschem Recht.
Für wagemutige Gründer bietet KEYTERSBERG in Zusammenarbeit mit einer deutschsprachigen US-amerikanischen Kanzlei vorgefertigte Gründungspakete für die Errichtung einer Gesellschaft in den USA an. Durch den vorformulierten Gründungsprozess sind die Vorgänge vergleichsweise schnell und leicht durchschaubar.