Corona-Entschädigung für Unternehmen: Jetzt schon beantragen

Die enormen wirtschaftlichen Schäden, die viele Unternehmen durch die Ausgangssperren und Betriebsschließungen im Rahmen der Corona-Krise erlitten haben, müssen großteils entschädigt werden. Wichtig ist, als Unternehmer bereits jetzt die richtigen Schritte einzuleiten, um keine Frist zu verpassen.

Welche Unternehmen sind wirtschaftlich von den Folgen betroffen?

Abgesehen von den gesellschaftlichen und privaten Folgen, die die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus zeitigen, haben vor allem kleine und mittelständische Unternehmen und Unternehmer finanzielle Schäden großer Höhe erlitten.

Grob vereinfacht, lassen sich die von den Corona-Maßnahmen betroffenen Unternehmen in drei Gruppen einteilen:

  • Unmittelbar betroffen sind alle Unternehmen, deren Betriebe untersagt wurden. Das sind beispielsweise Restaurants, Hotels und andere Gastronomieeinrichtungen, Diskotheken, Kinos und Clubs, Tagungsveranstalter und Bildungseinrichtungen, Fitnessstudios und Tanzschulen, Friseure und – in manchen Bundesländern – der Einzelhandel. Diesen Unternehmen wurde durch jeweilige Rechtsverordnung der Landesregierung untersagt, in einem bestimmten Zeitraum überhaupt Leistungen anzubieten. Die Ausprägungen sind dabei je nach Bundesland und Zeitraum sehr verschieden.
  • Die weitere Gruppe an betroffenen Unternehmen sind alle die Einrichtungen, die zwar nach dem jeweiligen Landesrecht theoretisch ihren Geschäftsbetrieb laufen lassen dürfen (oder wieder eröffnen durften), deren Kunden aber aufgrund der parallel geltenden Ausgangssperren an einem Besuch der Einrichtung rechtlich gehindert sind. Das sind zum Beispiel in einigen Bundesländern Einzelhandelsbetriebe, die keiner Betriebsuntersagung unterlagen.
  • Die dritte Gruppe sind all die Unternehmen, die zwar theoretisch weiterhin ihre Leistungen anbieten durften und deren Kunden auch nicht von der Ausgangssperre betroffen sind, die aber gleichwohl aus Sorge oder Unwissenheit über die rechtlichen Beschränkungen wegbleiben. Hierzu zählen insbesondere Zahnärzte, Ärzte und Optiker, Kfz-Werkstätten, Apotheken und Drogerien, Reinigungsbetriebe oder Tierbedarfshandlungen. Bei dieser Gruppe ist es rechtlich problematisch, den eingetretenen Schaden auf die staatlichen Maßnahmen zurückzuführen, weil diese jedenfalls dem Wortlaut nach die Fortführung des Betriebes und die Nutzung durch die Kunden ausdrücklich erlauben.

Das Ausmaß der Schäden durch die Covid-Maßnahmen ist dabei je nach Branche und Bundesland verschieden. Es reicht von geringen Umsatzrückgängen bis hin zum völligen Umsatzausfall während längerer Perioden.

Welche Entschädigung gibt es?

Derzeit noch völlig unklar ist, wer überhaupt welche Ansprüche geltend machen kann. Das betrifft sowohl die Frage, welche Unternehmen aus den oben genannten Gruppen Ansprüche stellen können, als auch die Rechtsgrundlage.

Der Grund für diese Ungewissheit ist, dass es entscheidend darauf ankommen wird, welche der verschiedenen Maßnahmen der Landesregierungen (Ausgangssperren, Betriebsuntersagungen) von den Gerichten als rechtmäßig und welche als rechtswidrig eingestuft werden.

Klar ist immerhin, dass ein wirtschaftlicher Verlust im Unternehmen aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffes zu einem Anspruch auf Entschädigung führt. Dieser Anspruch muss dann im Wege der Amtshaftung gerichtlich geltend gemacht werden.

Welche der verschiedenen Maßnahmen aber letztlich vor Gericht standhalten werden, ist derzeit nicht zu sagen.

Die verschiedenen Verwaltungs- und Verfassungsgerichte haben zwar bereits einzelne Regelungen gekippt, das betraf aber im Regelfall nur Einzelfallregelungen oder die unklare Auslegung des Gesetzes. Die viel bedeutenderen Betriebsuntersagungen und die Ausgangssperren sind jedenfalls im Eilverfahren aufrechterhalten worden.

Es ist aber durchaus zu erwarten, dass die Verwaltungsgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in den anstehenden Hauptsacheprozessen einzelne Maßnahmen in bestimmten Zeitperioden als unverhältnismäßig oder gar nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt einstufen werden.

Sofern die COVID-Maßnahmen allerdings von den Gerichten als rechtmäßig eingestuft werden, ist die Frage der Entschädigung deutlich komplizierter.

Das Infektionsschutzgesetz sieht in § 56 Abs. 4 IFSG zwar (mittlerweile) eine Entschädigung auch für Unternehmen vor. Der Wortlaut der Vorschrift ist allerdings außerordentlich eng gefasst und im Grunde auf Quarantänemaßnahmen und Fälle von Existenzgefährdung beschränkt.

Wie hiermit rechtlich umzugehen sein wird, wird erst die Zukunft zeigen. Mehrere Lösungswege sind denkbar.

  • Klar ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch eine rechtmäßige Maßnahme nicht entschädigungslos erfolgen darf, wenn die wirtschaftlichen Folgen der staatlichen Maßnahme für den Einzelnen über eine allgemeine Betroffenheit hinausgehen. Wenn die Vorschrift dem Wortlaut nach also auf die Betriebsuntersagung gar nicht angewendet würde, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig und der Staat (also das jeweilige Bundesland) aus Art. 12,14 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) zur Entschädigung für die Corona-Maßnahmen verpflichtet.
  • Der andere Lösungsweg ist, dass die Vorschrift zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit schlicht entsprechend ausgelegt wird.

Sicher ist jetzt schon, dass hier jede Menge juristischer und wirtschaftlicher Streit angelegt ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass staatliche Behörden bereit sein werden, freiwillig Entschädigungen für die COVID-Maßnahmen zu gewähren.

Wie lange kann man als Unternehmer mit dem Antrag auf Entschädigung warten?

Im Rahmen der vielen Gesetzesänderungen rund um COVID hat der Bundestag am 19.05.2020 erfreulicherweise das Gesetz geändert und die ursprünglich extrem kurze Antragsfrist von nur drei Monaten verlängert. Nunmehr sieht die Vorschrift des § 56 Abs. 11 IFSG n.F. eine Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Anordnung der Maßnahmen vor. Um als Unternehmen sicher zu gehen und einen möglichen Anspruch nach dem Gesetz nicht zu verlieren, ist es zwingend erforderlich, innerhalb der gesetzlichen Frist einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde zu stellen.

Der Fristbeginn hängt dabei von der jeweiligen Maßnahme ab. Welche dieser Maßnahme das Unternehmen jeweils betrifft, ist dabei von Bundesland zu Bundesland und von Anordnung zu Anordnung verschieden.

Wie immer schadet es aber nicht, wenn man den frühestmöglichen Zeitpunkt zugrunde legt. Das war die bayerische Allgemeinverfügung zu einem allgemeinen Ausgangsverbot, die ab dem 13.03.2020 galt. Auch wenn diese Allgemeinverfügung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig war, ist es der frühestmögliche Zeitpunkt für die Frist nach § 56 IFSG und daher zugrunde zu legen.

Das bedeutet, dass in jedem Bundesland jeder Antrag auf Entschädigung wegen Corona-Maßnahmen sicherheitshalber bis spätestens 12.03.2021 gestellt werden sollte.

Eine spätere Antragstellung kann, je nach Rechtsgrundlage, immer noch ausreichend sein, wir empfehlen aber, diese Frist nicht auszunutzen.

Der Antrag muss die Entschädigungsanspruch möglichst genau beziffern und die Ursachen erläutern. Eingereicht werden muss der Antrag je nach Bundesland bei der jeweils zuständigen Behörde. Diese können Sie der nachfolgenden Liste entnehmen:

  • Baden-Württemberg: Gesundheitsamt, in dem der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
  • Bayern: Regierung des Bezirks, in dem der Antragsteller seinen Sitz hat
  • Berlin: Senatsverwaltung für Finanzen, https://www.berlin.de/sen/finanzen/
  • Brandenburg: Landesamt für Arbeitsschutz Verbraucherschutz und Gesundheit
  • Stadtgemeinde Bremen: Ordnungsamt
  • Hafengebiete im Land Bremen: Das Bremische Hafenamt
  • Bremerhaven: Magistrat der Stadt
  • Hamburg (Stadt): Bezirksämter, deren Gesundheitsämter die Quarantäne oder das berufliche Tätigkeitsverbot angeordnet haben.
  • Hamburg Hafenbereich, Flughafen: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.
  • Hessen: Zuständiges Gesundheitsamt
  • Mecklenburg-Vorpommern:  Landesamt für Gesundheit und Soziales M-V, Fachbereich: Soziales Entschädigungsrecht
  • Niedersachsen: Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
  • Nordrhein-Westfalen: Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL)
  • Rheinland-Pfalz: Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, Landau
  • Saarland: Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
  • Sachsen: Landesdirektion Sachsen, Chemnitz
  • Sachsen-Anhalt: Landesverwaltungsamt Sachsen- Anhalt, Referat Gesundheitswesen, Halle (Saale)
  • Schleswig-Holstein: Landesamt für soziale Dienste Schleswig.Holstein, Neumünster
  • Thüringen: Thüringer Landesverwaltungsamt, Referat 500, Weimar

Wichtig ist, den Versand den Eingang des Schreibens bei der Behörde rechtssicher zu dokumentieren. Dies kann durch Versand per Einwurfeinschreiben geschehen oder durch Übermittlung des Schreibens durch Boten.

Soweit die technischen Voraussetzungen dafür bestehen, können auch die elektronischen Behördenpostfächer genutzt werden. Hierbei sind aber die unterschiedlichen Voraussetzungen gesetzlicher Art unbedingt zu beachten.

Wer auf Nummer sicher gehen will, verwendet derzeit daher bei der Antragstellung noch Papier und Unterschrift.

Wie geht es nach Stellung des Antrags weiter?

Nach Stellung des Antrags sind grundsätzlich drei verschiedene Reaktionen der Behörden denkbar:

Im Idealfall werden die Behörden eine Entschädigung in angemessener Höhe bewilligen. Diesen Fall halten wir derzeit für extrem unwahrscheinlich. Auch die Politik wird nicht ohne weiteres bereit sein, Unternehmen freiwillig Entschädigungen zu leisten. Wenn überhaupt, ist davon auszugehen, dass lediglich Bruchteile der Schadensbeträge zugesprochen werden.

Die zweite Möglichkeit ist, dass die Behörden sämtliche Anträge erst einmal zurückstellen, bis sich die Politik und gegebenenfalls auch die Gerichte umfassend mit der folgenden Bewältigung befasst haben. Es ist durchaus denkbar, dass die Gesetzgeber in Bund und Ländern, um lange Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, die Vorschrift des § 56 rückwirkend anpassen werden. Sind entsprechende Gesetzgebungsvorhaben bei Antragstellung bereits in Arbeit, kann es durchaus sein, dass die Behörde dies abwarten will.

Der leider wahrscheinlichste Fall ist aber, dass die Behörde den Anspruch schlicht rundheraus ablehnt. Das steht deswegen zu befürchten, weil die öffentliche Hand mit einem entsprechenden Bescheid die Verjährung in Gang setzen kann.

Wie muss mit dem ablehnenden Bescheid weiter umgegangen werden?

Abhängig von der Reaktion der Behörde sind dann wieder verschiedene Schritte zu gehen:

  • Sofern die Behörde den Antrag erst mal nicht bearbeitet, gibt es im Moment auch nichts zu tun. Auf eine Entscheidung drängen sollte das Unternehmen auf gar keinen Fall, weil eine schnelle Entscheidung der Behörde ausschließlich ablehnend sein kann. In Fällen der Nichtbefassung sollte man die Sache daher zurücklegen und sich nach Ablauf eines halben Jahres oder Jahres wieder damit befassen.
  • Sofern die Behörde eher eine Teilentschädigung gewährt, muss sich der Unternehmer entscheiden, ob er sich damit zufrieden geben will. Wichtig: Wer die Entschädigung für zu gering erachtet, verliert durch eine klageweise Anfechtung nicht den Anspruch auf die bereits erteilte Entschädigung.
  • Im leider wahrscheinlichen Fall einer Zurückweisung des Anspruches durch die Behörde muss dagegen zwingend der Klageweg beschritten werden. Hierfür ist – obwohl es sich um eine behördliche Maßnahme handelt – der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zu beschreiten. Das heißt, dass eine Klage vor dem Landgericht erhoben werden muss.

Gerne stehen wir Ihnen für alle Fragen rund um die Entschädigung wegen der Maßnahmen gegen COVID-19 zur Verfügung.

Aktualisierung:

Aufgrund einer kurzfristigen Gesetzesänderung wurde der Text dieses Artikels überarbeitet. Ursprünglich betrug die Antragsfrist nur drei Monate (§ 56 Abs. 11 IFSG a.F.).